Montag, 4. Oktober 2021

Leonardo da Vinci (1542-1619): Bewerbungsschreiben eines erfolgreichen Renaissance-Menschen (aktualisiert)

Schloss Clos Lucé, letzter Wohnort von Leonardo da Vinci (Wikipedia)
Der 500. Todestag des italienischen Universalgenies am 2. Mai 2019 war und ist vielfacher Anlass des Gedenkens und einer großen Zahl von Ausstellungen und Kulturveranstaltungen,
die immer wieder in den Programmvorschauen auftauchen. Hier nur ein kleiner Einblick von 2019:



Plakat der Sonderausstellung in Grassau (Bayern), 2011

Neben all den Ehrungen und vielfältigen Artikeln sei hier auf eine kleine Besonderheit im Leben des 31jährigen Künstlers und Ingenieurs aufmerksam gemacht.
Die Genfer Tageszeitung Le Temps brachte  am 21. April 2016 einen Artikel, in dem sie ein Schreiben da Vincis zitiert und kommentiert,  in dem der gerade arbeitslose  "Experte" versucht, wieder Arbeit zu bekommen.
Der Originaltext der französischsprachigen Zeitung: hier

Wie man ein geeignetes Anschreiben formuliert
"1482 war Leonardo da Vinci arbeitslos. Zielgerichtet und die aktuelle Situation berücksichtigend, bleibt sein Brief fünf Jahrhunderte später ein Modell für alle Arbeitssuchenden ... Obwohl er weltweit für das rätselhafte Lächeln seiner Mona Lisa bekannt ist, wissen nur wenige, dass er einer der ersten Arbeitssuchenden war, der ein >Bewerbungsschreiben< formulierte. 


Castello Sforzesco, Mailand (wikipedia)
Im Jahre 1482 bat der damals 31jährige florentinische Künstler den Herzog von Mailand, Ludovico Sforza, um eine Stelle als Militäringenieur:
> (....) Ich habe eine Möglichkeit, sehr leichte und leicht transportable Brücken zu bauen, um den flüchtigen Feind zu verfolgen; andere stärkere, die Feuer und Beschädigungen widerstehen und auch leicht zu montieren und zu entfernen sind. Ich kenne ebenfalls Möglichkeiten, die Brücken des Feindes zu verbrennen und zu zerstören. (....) Ich kann Waffen, Mörser, Feuerwehr-Fahrzeuge in einer praktischen Form bauen, die sich von denen derzeit im Gebrauch befindlichen unterscheiden. Wo Waffen nicht verwendet werden können, kann ich sie durch Katapulte und entsprechende Vorrichtungen ersetzen, um Funktionen mit überraschend effektiver und bisher unbekannter Wirksamkeit zu entwickeln. Schließlich kann ich auf jeden Fall unendlich viele (technische) Angriffsmöglichkeiten herausfinden (....)
In Friedenszeiten glaube ich, dass ich jedem in der Architektur gleichkommen kann, private und öffentliche Denkmäler bauen und Wasser von einem Ort zum anderen transportieren kann. (....) In der Malerei kann ich durchaus leisten, was auch andere können, was das auch immer sein mag. (....) Und wenn Ihnen eines der oben genannten Dinge unmöglich oder undurchführbar erscheint, biete ich Ihnen an, in Ihrem Park oder an einem anderen Ort eine praktische Durchführungsprobe dessen vorzulegen, was sich Ihre Exzellenz wünscht. Dies in demütiger Empfehlung.<



Nachbau eines Panzerwagens
 im Freigelände des Schlosses Clos Lucé
(wikipédia.fr)
Leonardo da Vinci war nicht lange arbeitslos. Er erhielt schnell die gewünschte Position. Welche Lehren können wir aus seinem Anschreiben ziehen? Erstens ist es interessant, diese einfache Wahrheit zu beachten, der der geniale Erfinder buchstabengetreu folgt: Die wichtigste Motivation einer Person ist ihr eigenes Interesse. Im 15. Jahrhundert waren die Bedrohungen durch Invasionen ungebrochen. Wie jedes Staatsoberhaupt war eine der wesentlichen Aufgaben des Herzogs die Verteidigung des Territoriums. Bevor Leonardo da Vinci seinen Brief schrieb, analysierte er nämlich ausführlich die Bedürfnisse von Ludovico Sforza. Anschließend listete er seine zehn größten technischen Kriegsmaschinen auf und konzentrierte sich dabei auf seine militärischen Kenntnisse und  Seine Talente als Maler, für die er heute bekannt ist, wurden erst am Ende des Briefes anekdotisch erwähnt.

Der Arbeitgeber ist wie der Käufer. Vor allem will er wissen, wie gut der Kandidat für die Stelle sein wird. Wie der Herzog von Mailand stellen sich alle Arbeitgeber die Frage: Wird dieser Bewerber meine Probleme lösen können? Eine gut geschriebene und dokumentierte Bewerbung spricht dieses Anliegen klar und präzise an. "Die meisten Menschen rezitieren in ihren Anschreiben, was sie in der Vergangenheit getan haben", sagt Marc Cenedella, Gründer der Jobbörse theladders.com. Aber in einem Geschäft würde man nie ein Produkt kaufen, dessen Verpackung nur beschreibt, wie es hergestellt wurde. Der Arbeitgeber ist wie der Käufer. Vor allem will er wissen, wie gut der Kandidat für die Stelle sein wird .... Mit anderen Worten, ein gutes Bewerbungsschreiben ermöglicht, neben dem ...   Lebenslauf hinaus - das Wesentliche für den Arbeitgeber anzusprechen: die Interessen seines Unternehmens."



Manuskript von Leonardo da Vinci.  Museum: TheTech, San José, California




Grabplatte in der Hubertuskapelle auf Schloss Amboise






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