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Die im Länderdreieck Saarland, Lothringen, Luxemburg beheimatete Regionalgruppe des Alawiyya-Sufi-Ordens: Association internationale Soufie Alawiyya SaarLorLux bemüht sich seit langem, den interreligiösen Dialog zu fördern und die Versöhnung zwischen den Religionen voranzutreiben.
Jetzt hat sie einen Entwurf zu einer Charta des interreligiösen Dialogs vorgelegt. Nicht nur Muslime, sondern auch Vertreter/innen anderer Religionen sind eingeladen, sich mit weiteren Vorschlägen in dieses Gespräch einzubringen, ehe die endgültige Fassung der Charta verabschiedet wird. Die Entwicklung einer solchen Erklärung kann zu einem Vorbild gegenseitigen Verständnisses werden und zugleich deutlich machen, dass es zum Dialog keine Alternative gibt.
Charta der Interreligiösen Gruppe im Saarland
1. Jeder Muslim/jede
Muslima sollte darauf achten, seine / ihre religiöse Kultur bei denjenigen Quellen
und Predigern zu suchen, die als beste Wissenschaftler der Gemeinde anerkannt
sind. Dabei soll er / sie nicht selbstgefällig die Anderen über gute und
schlechte Muslime belehren, sondern dialogoffen sein.
2. Jeder Muslim/jede
Muslima muss sich davor hüten, unüberlegt und fanatisch Regeln ohne
spirituellen Zweck zu befolgen. Er/sie sollte oberflächliche Ablenkungen
vermeiden und sich auf die Beachtung der spirituellen Prinzipien seines/ihres
Glaubens konzentrieren.
3. Jeder Muslim/jede
Muslima ist dazu verpflichtet, die Ethik der gegenseitigen Verantwortlichkeit
zu beachten: Man sollte den Nächsten in jeder Hinsicht so behandeln, wie man
selber behandelt werden will. Die Tradition des Propheten Muhammad (Friede sei
auf ihm) besagt: „Ihr werdet erst Muslime, wenn ihr für die Anderen das wollt,
was ihr für euch selbst wollt.“
4. Jeder Muslim/jede
Muslima hat die Verpflichtung, seine/ihre Kenntnisse über Wissenschaften und
Technik zu pflegen und zu erweitern. Daraus ergibt sich, dass die Ablehnung von
Wissenschaft und technischem Fortschritt falsche Interpretationen des Islam
sind.
5. Gott (=
arabisch: Allah) hat das Universum mit all dem, was es enthält, erschaffen. Die
gegenwärtigen hochentwickelten wissenschaftlichen Theorien lassen die Frage
nach der Ursache der Entstehung des Universums offen. Der Islam steht diesen
Theorien offen gegenüber.
6. Gott hat die
Menschheit erschaffen und wollte sie geschwisterlich. Jeder Muslim/jede Muslima
sollte sich also in jeder Lage für den Frieden und gegen den Krieg einsetzen,
für die Geschwisterlichkeit und gegen den Rassismus, für die Einigkeit und
gegen Hass.
7. Wenn ein
Muslim/eine Muslima Lügen und Vorurteile über den Islam und die Muslime hört,
dann ist seine/ihre beste Antwort, dem mit guten Taten zu begegnen.
8. Die Tradition
des Propheten erinnert uns daran, dass die Religionsausübung in keiner Weise
Unordnung und Störungen hervorbringen darf.
9. Deutschland
ist kein islamisches Land; es ist ein Land, in dem mehrere Religionen, darunter
der Islam koexistieren und in dem auch Atheisten und Agnostiker leben. In
diesem Kontext müssen selbstverständlich die Werte und Gesetze der Bundesrepublik
Deutschland beachtet und eingehalten werden. Da z.B. Gotteslästerung und
religiöse Karikaturen durch die deutschen Gesetze erlaubt sind, kann man
verletzt oder beleidigt sein, aber man darf weder ihr Verbot verlangen, noch
mit Gewalt reagieren. Mit anderen Worten: Kein Muslim/keine Muslima hat das
Recht zu verlangen, dass Deutschland seine Werte und Gesetze ändert, damit
diese zur eigenen Glaubensvorstellung passen. Ebenso haben auch die
Vertreter/innen anderer Religionen ebenso wie Atheisten/Atheistinnen und
Agnostiker/innen kein solches Recht.
10. Die islamische
Religionsausübung muss notwendigerweise im heutigen Kontext betrachtet
werden. Körperliche Züchtigungen und Polygamie
(Männer dürfen mehrere Ehefrauen haben) haben keine Berechtigung mehr und
müssen abgeschafft werden. In diesem Sinne ist die Gleichstellung zwischen Mann
und Frau unbedingt notwendig.
11. Jeder Muslim/jede
Muslima muss in seinen/ihren, familiären und sozialen Beziehungen ein
verantwortungsbewusstes und respektvolles Verhalten gegenüber Andersdenkenden
und Andersglaubenden zeigen.
12. Im Alltag gilt
es, Maß zu halten und faire Kompromisse zu finden.
13. Der Prophet
Muhammad (Friede und Segen auf ihm) hatte selber in der Verfassung von Medina
verkündet, dass diejenigen, die an den Monotheismus / die Einheit Gottes
glauben, seien sie Juden, Christen, Muslime oder Andersgläubige, zur selben Gemeinschaft des Buches gehörten.
Daraus folgt, dass jede Form des Antisemitismus der Lehre des Propheten
Muhammad (Friede und Segen auf ihm) direkt widerspricht. Allgemein lässt sich
darum sagen: Wenn man dem Beispiel des Propheten folgt, entfaltet der Islam seine
Grundwerte von Toleranz und Wohlwollen, denn nur Gott kann richten.
14. Es ist jedem
Muslim/jeder Muslima verboten, einen Krieg, d.h. einen gewaltsamen
„Dschihad“ zu erklären: Wie das
arabische Wort schon sagt, ist der große, der edelste Dschihad die Anstrengung
zur Selbstbeherrschung und Selbstüberwindung, um die islamischen Werte auf
überzeugende Weise zu verwirklichen.
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